ÜBER MICH
Vollkommen unvollkommen


 

DAS BIN ICH
Wie es begann

Bis ich herausgefunden habe, dass ich eine Transgender Frau bin, war es ein langer Weg. Im Alter von etwa neun Jahren war mir bereits klar, dass ich anders bin als die anderen Jungen.

Ich hatte einfach ein Gefühl in mir, dass ich nicht recht in Worte fassen konnte. Es war wie ein Wunsch, von dem ich mir jedoch sicher war, dass er nicht zur Realität passte. Zu dieser Zeit habe ich diesen Wunsch von meinen Gedanken verdrängt, unwissend, dass dies zu einem Problem werden würde. Also lebte ich vorerst weiter als „Junge", was meine Unzufriedenheit doch nur verstärkte. Beispielsweise war das Einkaufen von Kleidung für mich eine lästige Angelegenheit, da es mir egal war, was ich trug, solange sich niemand darüber beschwerte. Gespielt wurde hauptsächlich in meinem eigenen Kopf, wo ich sein durfte und konnte, was auch immer ich wollte. Selbstredend war ich in meinen Gedanken immer ein Mädchen.

Da es mir an Informationen fehlte, das Bedürfnis danach eine Frau zu sein zu verstehen, entschied ich mich es zu ignorieren. Doch dadurch entstand in mir das Gefühl, dass ich nirgends richtig hingehöre und ein Gefühl von Isolation von der Welt, wodurch ich depressiv wurde.


Ich suchte nach Hilfe

Im Alter von etwa 15 Jahren entschied ich mich, mich meinen Eltern anzuvertrauen und über meine Depressionen zu sprechen. Sie reagierten sehr verständnisvoll und halfen mir, professionelle Hilfe für mein Unwohlsein zu bekommen. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht klar, dass ich Transgender bin und dass diese Unwissenheit zu meinem Unwohlsein führte. Bei zahlreichen Sitzungen bei Psychologen und Therapeuten wurden zwar Tests durchgeführt, wie beispielsweise zur Ermittlung meines IQ, jedoch war mein Problem, welches ich selber nicht verstand oder in Worte fassen konnte, damit leider noch nicht gelöst.

Ohne das Problem zu verstehen, suchte ich weiter mit meinen Eltern nach einer für mich passenden Lösung. Ein Homöopath offenbarte mir eine vorrübergehende Lösung, wodurch es möglich war, meinen Umstand, zu diesem Zeitpunkt noch immer unausgesprochen, weiter zu unterdrücken und mich mit meiner Situation emotional erst einmal abzufinden.

Doch am Ende eines jeden Tages lag ich in meinem Bett und wünschte mir am nächsten Tag im Körper einer Frau aufzuwachen und der Rest der Welt würde nicht wissen, dass ich jemals ein „Mann" war. Als ich älter wurde, malte ich mir aus, wie ich reich werden und mich im Ausland umoperieren lassen würde, um dann als neuer Mensch nach Deutschland zurückzukommen.

Reich wurde ich leider nicht und meine Unzufriedenheit mit meinem bisherigen Leben und das ständige Spielen eines Charakters, der ich nicht war, forderte von mir sehr viel Energie. Da war es einfacher mich weiter in meinem eigenen Kopf zurückzuziehen und die Welt, in der ich nicht hineinpasste, weitestgehend auszublenden.


Mein Weg

Als ich etwa 24 Jahre alt war, begann ich mit intensiver Recherche über Transgender und stellte plötzlich fest, dass viele Menschen in dieser Situation stecken. Jedoch schienen diese das Ausleben ihres natürlichen Ichs zu bevorzugen und nicht davon weglaufen, so wie ich das bis dahin getan habe. Anlass meiner Recherche war das Zusammenziehen mit meiner damaligen Freundin, was zur Folge hatte, dass ich ununterbrochen eine Rolle spielen musste, die ich nicht dauerhaft spielen wollte. Meine Unzufriedenheit mit meiner Situation stieg zunehmend an, bis ich es nicht mehr zu unterdrücken vermochte. Dies zog dementsprechend eine sehr unangenehme Trennung mit sich, die aber notwendig war, um mein natürliches Wesen herauszulassen und mich auszuleben.

Nun war mir bewusst, was mein Problem all die Jahre war und ich suchte mir entsprechende Hilfe. Internetforen, Therapie und einfach das Kommunizieren mit Meinesgleichen sorgte für zunehmende Sicherheit bezüglich meines Problems. Durch die Therapie und eine Menge Selbstreflexion war für mich fortan der Weg, den ich zugehen habe, klar: ich muss physisch und gesellschaftlich mein Geschlecht angleichen lassen, um mein Problem zu lösen.

Von dieser Lösung erhoffe ich mir natürlich nicht, dass all meine Sorgen verschwinden. Stattdessen hoffe ich, dass ich nicht mehr nur einen Charakter spielen muss, sondern mein Ich ausleben kann und mehr Energie habe, mein Leben zu feiern.

Wenige Jahre später, aber noch vor jeglichem medizinischen Eingriff, stolperte eine Frau in mein Leben, die mich so sieht und liebt, wie ich bin. Es ist die erste Beziehung in meinem Leben, in der ich wirklich ich sein kann und dies sowohl geschätzt als auch unterstützt wird. Mit Rat und Tat steht sie seither an meiner Seite und begleitet mich auf meinem noch langen und beschwerlichen Weg.  


MEINE PHILOSOPHIE
Warum mache ich das?

Wie komme ich nun dazu, Beratung anzubieten? Es begann, als ich selbst nach Hilfe und nach jemandem suchte, mit dem ich über meine Thematik sprechen konnte und der mir weiterhilft. Nach langer Suche fand ich meine spätere Ausbilderin Heidrun Wendel vom Höferhofer-Institut. Sie führte mich in die Welt der Gestalttherapie ein und empfahl mir die Ausbildung zur geschlechtssensiblen Gestalttherapeutin. Ich nahm ihr Angebot auch gerne an, da ich schnell feststellte, dass sie mir mit ihren Methoden helfen konnte, ohne in meiner Situation zu sein, was mich sehr beeindruckte.

Je länger ich die Ausbildung führte, desto mehr wurde mir klar, dass dies genau das ist, was ich machen möchte. Ich möchte Menschen in allen Lebenslagen helfen können und dafür ist Gestalttherapie ein wunderbarer Ansatz. Da ich aber für meine spezielle Situation gerne jemanden gehabt hätte, der dasselbe Leiden durchmacht wie ich, möchte ich dies meinen Mitbetroffenen anbieten und versuchen, ihnen bestmöglich dabei zu unterstützen, zu sich selbst zu finden und die Last von ihren Schultern zu nehmen.






 

 
 
 
 
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